Ob ein Job sinnstiftend sein muss oder nicht, entscheidet jeder Mensch für sich selbst. Einige wollen oder müssen einfach Geld verdienen und wechseln dann für die sprichwörtlichen 10 Euro mehr im Monat auch mal den Arbeitgeber. Andere wollen sich mit ihrem Job selbst verwirklichen, also die eigenen Werte über die Arbeit multiplizieren oder der Gesellschaft etwas zurückgeben. Wer wann und unter welchen Umständen im Job zufrieden ist, ist eine ganz individuelle Angelegenheit. Dennoch eine, die für Organisationen hoch relevant sein kann, wenn es um die Bindung von Mitarbeiter:innen und das Gewinnen neuer Talente geht: Wenn die Hygienefaktoren Gehalt und Arbeitsbedingungen stimmen, dann kann ein Purpose, mit dem sich Kandidat:innen oder Mitarbeitende identifizieren, den Ausschlag geben für ein Verbleiben in der Organisation bzw. für einen Start dort. Wie immer, zählt der Blick auf die sehr genau definierte Zielgruppe: Habe ich in dieser Personengruppe Menschen, für die das Thema sinnstiftende Arbeit relevant ist?
Gerade Fachkräfte mit IT-Profilen, die von praktisch jedem Unternehmen mit Kusshand eingestellt werden, ziehen bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber auch das Thema Purpose mit heran. Eine im Juni 2021 von IW/StepStone/New Work/Kienbaum durchgeführte Studie zeigt, dass beispielsweise von den 5.040 befragten Beschäftigten IT-Expert:innen ohne Führungsverantwortung überdurchschnittlich viele von der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit überzeugt sind (64,8%).1 Also bei einem Jobwechsel konsequenterweise auf diesen Aspekt einer Organisation besonders achten würden.
Zudem sind Menschen, die in höher bezahlten Jobs arbeiten, eher bereit, auf einen Teil ihres Gehaltes zu verzichten, wenn ein neuer Job mehr sinnstiftende Aspekte verspricht.2 Der fehlende erkennbare Sinn in der Tätigkeit war für über 40% der Deutschen, die im Jahr 2021 ihren Job wechselten, einer der wichtigsten Gründe.³
Wer also beispielsweise Menschen mit IT-Expertise sucht, tut gut daran, den originären Sinn des Unternehmens jenseits von Umsatzmaximierung und Wachstum in der Employer Value Proposition zu verankern. Und nach innen und außen zu kommunizieren. Dabei geht es nicht darum, um jeden Preis einen Purpose haben zu müssen. Wenn eine Organisation als Ganzes einen gesellschaftsrelevanten Purpose hat – prima. Wenn nicht ist auch gut. Nicht jede Organisation kann die Welt retten wollen. An dieser Stelle ist vor allem Ehrlichkeit gefragt: Weder Mitarbeitende noch Kandidat:innen sind blöd und erkennen Werbesprüche in Richtung »purpose-washing« nicht als solche, wenn sie sie lesen. Wenn es einen starken Purpose gibt, sollte dieser selbstverständlich auch in der Employer Value Proposition verankert sein und mit belegbaren Stories kommuniziert werden. Die enge, strategische Anbindung an konkrete Initiativen, beispielsweise aus Corporate Social Responsibility und ESG (Environment – Social – Governance), ist ein erster, wichtiger Schritt. Abgesehen von der Kommunikation sollten auch die unmittelbaren Erlebnisse an den diversen Touchpoints der Candidate und Employee Journey das Purpose-Thema aufgreifen. Dann entsteht Vertrauen. Entsteht im Idealfall der dringende Wunsch, Teil dieser Organisation zu bleiben oder zu werden und an diesen Themen mitzuarbeiten.